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Aus der Verbandsgeschichte (1)
Neugründung statt Anschluss – wie der Landesverband Berlin-Brandenburg im Umbruchjahr 1990 Maßstäbe setzte
Von Christoph Links
Als drei Wochen nach der Mauer endlich auch die Zensur in der DDR fiel, gründete ich zusammen mit Freunden am 1. Dezember 1989 einen unabhängigen Sachbuchverlag in Ost-Berlin. Es hatten sich viele Themen angestaut, die bis dahin tabu waren und nun endlich an die Öffentlichkeit sollten. Ein Stück Verlagserfahrung konnte ich mitbringen, denn die letzten drei Jahre hatte ich als Assistent der Geschäftsleitung im Aufbau-Verlag gearbeitet. Doch wie führt man ein eigenes Unternehmen – und das in Zeiten eines chaotischen Übergangs von der Plan- zur Marktwirtschaft? Da war es gut, dass es aufgeschlossene West-Kollegen gab, die sich als Unabhängige seit Jahren behauptet hatten und nun mit Rat und Tat zur Seite standen, ohne alle Vorbehalte, ohne irgendeinen Konkurrenzgeist.
Ende Februar 1990 trafen wir Ost-Berliner Kollegen uns, um zunächst über einen eigenen Landesverband zu beraten, doch nach der Wahl vom 18. März mit dem Sieg der CDU-geführten Allianz für Deutschland war uns schnell klar, dass es eine baldige wirtschaftliche Einheit geben wird. Deshalb entschieden wir am 25. Juni im Angesicht der bevorstehenden Währungsunion, mit dem West-Berliner Verband zu fusionieren. Dies fiel uns auch deshalb leicht, weil es von Anfang an kein Beitritt oder Anschluss werden sollte, sondern die Gründung eines neuen größeren Verbandes unter Beteiligung von Brandenburg, der paritätisch von beiden Seiten gemeinsam aufgebaut wurde.
Glaubwürdiger Garant dafür war der damalige West-Berliner Verbandsvorsitzende Klaus Wagenbach. Klaus hatte mich zusammen mit seinem damaligen Kollegen Heinrich von Berenberg bereits Anfang März in seinem Verlag empfangen und mir erklärt, worauf es in der bundesdeutschen Buchhandelslandschaft ankommt und wie die Berufsorganisationen funktionieren. Sein Verweis auf den Bundesverband in Frankfurt trug alsbald Früchte, denn die dortigen Kollegen organisierten für uns ostdeutsche Neugründer bereits im April einen ersten Workshop und unterstützten uns danach beim Aufbau einer eigenen kleinen Druckerei. Hermann Schulz vom Peter Hammer Verlag in Wuppertal ließ im Juli einen Marketing-Lehrgang folgen. Schließlich mussten wir uns plötzlich in einem völlig neuen, bereits gut besetzten Markt behaupten, dessen Regeln wir erst allmählich begriffen.
Kurz nach der deutschen Vereinigung wurden dann auch die konkreten Schritte für unseren neuen Landesverband eingeleitet. Noch im Oktober trafen sich die Buchhändler und Verleger Ost in separaten Sitzungen und bereiteten sich auf das weitere Zusammengeben vor. Vier Ost-Kollegen nahmen in der Folgezeit an allen West-Vorstandssitzungen als Gäste teil. In Brandenburg, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam gab es Informationsveranstaltungen zum neuen Tarifrecht und den künftig geltenden Lieferbedingungen.
Zeitgleich mit der Fusion der beiden Börsenvereine entstand dann am 1. Januar 1991 der Verband der Verlage und Buchhandlungen Berlin-Brandenburg e.V., wie er bis heute quicklebendig und erfolgreich funktioniert. Unser Verlag hat von diesem Verband reichlich profitiert und sich selbst auch immer wieder eingebracht. Was wäre alles passiert, hätte ich nicht frühzeitig all die rechtlichen Fortbildungsseminare besucht und wie stünden wir im Handel da, wäre nicht der gute Kontakt zu den Kollegen über den Verband entstanden. Der faire Umgang der Sparten miteinander und sachbezogene, respektvolle Debatten auf Augenhöhe – wie einst während des Gründungsprozesses – können auch künftig der Garant für einen Erfolg unserer Branche sein.