Aus der Verbandsgeschichte (2)

Das Berliner Bücherfest von 2000 bis 2008: Die größte Freiluftbuchhandlung der Welt

Das Berliner Bücherfest von 2000 bis 2008: Die größte Freiluftbuchhandlung der Welt

Von Detlef Bluhm

Foto: Johanna Hahn

Zunächst war es nur eine waghalsige Idee, die im Frühjahr 1999 in den Köpfen einiger Mitglieder des Verbandes herumspukte. Ein großes Fest für Bücher sollte in Berlin ins Leben gerufen werden, mit Lesungen und Bücherständen, an einem zentralen Ort, für ein ganzes Wochenende. Als dann bekannt wurde, dass ein europäischer Literaturexpress mit 105 AutorInnen nach sechswöchiger Zugreise durch elf Länder im Juli 2000 am Bahnhof Friedrichstraße seinen Endbahnhof erreichen sollte und viele AutorInnen damit sowieso in der Stadt sein würden, begannen die Planungen. Schnell avancierte der Bebelplatz zum favorisierten Veranstaltungsort. Auf dem Platz der Bücherverbrennung von 1933 sollten 77 Jahre später Bücher gefeiert werden. Und groß genug für die Idee war der Bebelplatz auch. Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte, Joachim Zeller, konnte schnell als Förderer gewonnen werden, mit dem Veranstalter des »Literaturexpress Europa 2000«, der LiteraturWerkstatt, wurde eine Kooperation vereinbart, und so konnte das Berliner Bücherfest am 15. Juli um 12:00 Uhr unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, auf dem Bebelplatz eröffnet werden.

Auf der Premierenveranstaltung im Jahr 2000 hatten sich 93 Buchhandlungen und Verlage auf ihren Ständen eingerichtet. In zwei großen Zelten wurden 38 Lesungen für Kinder und Erwachsene kostenlos angeboten – die AutorInnen erhielten selbstverständlich ein angemessenes Honorar. Zusätzlich fanden an den Buchhandels- und Verlagsständen 73 Signierstunden statt. Mit bis zu 134 Buchständen, 57 Lesungen und 128 Signierstunden an nur einem Wochenende wurde das Berliner Bücherfest zur größten Freilichtbuchhandlung der Welt, wie die »Berliner Morgenpost« schrieb.

Zur Teilnahme am Berliner Bücherfest waren von vornherein Verlage aus ganz Deutschland eingeladen. Große Publikumsverlage ließen dabei ihre Stände sehr gern personell von Berliner Buchhandlungen betreuen. Die lange und hitzig geführte Debatte darüber, ob Verlage selbst – also am Buchhandel vorbei – ans Publikum verkaufen durften wurde salomonisch dergestalt beendet, dass sie in diesem Fall eine höhere Standgebühr zu entrichten hatten. AutorInnen aller Stilrichtungen kamen tatsächlich auch aus allen Himmelsrichtungen nach Berlin, um hier aufzutreten, mit dem Publikum zu diskutieren und ihre Bücher zu signieren. Zu den knapp 500 Lesungen in den Jahren von 2000 bis 2008 konnten ungefähr 800 AutorInnen aus Deutschland und Europa auf dem Berliner Bücherfest begrüßt werden. Von der späteren Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller bis zum Bestsellerautor Frank Schätzing. Auf Einladung einer großen deutschen Verlagsgruppe wurde 2001 Louis Begley eigens aus New York eingeflogen.

In den Jahren 2004 und 2005 konnte der Bebelplatz nicht genutzt werden, weil er sich in die Baustelle zu einer Tiefgarage verwandelt hatte. Nach zähen Verhandlungen mit dem für die Platzvergabe zuständigen Tiefbauamt konnte das Berliner Bücherfest in diesen Jahren auf dem Pariser Platz aufgebaut werden. Lesezelte brauchten dort nicht aufgebaut werden, weil fast alle Anrainer ihre Säle für Lesungen öffneten. Das Berliner Bücherfest fand dann ab 2006 wieder auf dem Bebelplatz statt. Drei weitere Jahre. Als die Kofinanzierung des Berliner Bücherfestes durch die öffentliche Hand und private Sponsoren deutlich nachließ, musste es im Jahr 2009 abgesagt werden. Leider für immer. Für immer?

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