Der Geruch nach Leder und Druckerschwärze

Mario Pschera, Dağyeli Verlag

Mario Pschera, Dağyeli Verlag

© Dağyeli Verlag

Das hat mich in die Buchbranche geführt:
Spätjugendlicher Leichtsinn, der Geruch nach Leder und Druckerschwärze, ein gewisses zeichnerisches Talent, übermäßige Lektüre, Küchengespräche über seltsame Bücher und Jobs im Buchhandel führten zu dieser verhängnisvollen Entscheidung, einen Verlag wiederzubeleben. Texte zu schleifen, Layouts zu entwerfen (und zu verwerfen), sich durch Schriftfonts zu wühlen, das Publikum mit wirklich allen Mitteln auf Lesungen mitzureißen, es in ein Kontextmeer zu tauchen – das macht immer noch Spaß. Zahlen schubsen und Steuersätze auseinanderhalten ist lästig wie das Geschirrspülen nach dem Kochen, aber…

Mein Lieblingsbuch das keiner kennt:
Andrej Wosnessenski Antiwelten

Ohne meine Kolleg*innen hätte ich dieses Ding nicht gedreht:
Jeanine Dağyeli und Sebile Yapıcı im Verlag, das Prolit-Team (das uns immer noch als kleine Kirsche auf der Sahnetorte behält), Literaturenthusiast*innen mit und ohne Buchhandlung, mit denen wir vergnügliche Abende hatten, die solidarischen Kolleg*innen aus der Verlagsbranche, die mindestens genauso verrückt sind. Und nicht zuletzt die Übersetzer*innen, die trotz mäßiger Honorare sich an Nichtallerweltstexte setzen.

Dieses Projekt würde ich gerne aus der Schublade holen:
Das Lehmbuch von Oljas Süleymenov (einige Auszüge hatte der legendäre Leo Kossuth in den 1980ern in einem Gedichtsammelband versteckt); ein surrealistisches und sprachspielerisches Langpoem über den Kriegszug der Skythen nach Babylon und die Bekehrung des Heerführers zum Pazifisten und Landesverräter durch eine Tempelhure (es folgt ein patriotisches Gemetzel). Geschrieben Anfang der 1970er Jahre, war es nicht auf eine graue Vorzeit gerichtet. Die Zensur hatte das Buch ganz richtig gelesen.

Ich bin Mitglied im Börsenverein, weil…
…so eine zarte und vielgestaltig wuchernde Branche (gut, es gibt auch etliche robuste Bäume in diesem Dschungel) ein Interessenaushandlungs- und vertretungsgremium braucht, damit nicht aus strikt betriebswirtschaftlichen Gründen abgeholzt und eine Shopping-Mall aufs freiwerdende Gelände gesetzt wird.

Welcher bücherHERO ist noch zu entdecken, und warum?
Der eta Verlag, der mit Hartnäckigkeit und Ausdauer Autor*innen aus Bulgarien und dem Balkanraum ins Deutsche (oder Zweisprachige) und in durchdacht designte Buchform bringt, gegen eine gewisse Scheu des Buchhandels vor Neuem sich behauptet (und vielleicht schon aus Trotz nicht ans Aufgeben denkt).

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